3.4 Ansageverhalten der KONTRA-Partei

Die Problematik des Ansageverhaltens der KONTRA-Partei bei einer Hochzeit wird schnell offensichtlich, wenn man sich die Grundvoraussetzungen für eine Erstansage (Kap. 2.1.1) oder auch Gegenansage (Kap. 2.3.1) in Erinnerung ruft und zusätzlich bedenkt, dass hier erschwerend hinzukommt, dass die Ansage gegen mindestens einen Stich und das Anspiel der RE-Partei gemacht wird. Dies zeigt schon, dass i.d.R. ein außerordentlich starkes Blatt vorhanden sein muss für eine Erstansage oder für eine Gegenansage auf eine Erstansage der RE-Partei. Die genaue Stärke des Blattes hängt neben dem Spielverlauf (wieviel Stiche hat die RE-Partei schon?; welche Stärken haben die Spieler der RE-Partei versprochen? etc.) auch sehr stark von der Sitzposition der einzelnen Spieler ab. Betrachten wir zunächst die Erstansage: Eine Ansage hinter dem Hochzeiter sitzend ist mit einem "schwächeren" Blatt möglich als vor dem Hochzeiter sitzend.

Dies ist aus zwei Gründen so:

Einige Beispiele die die Abhängigkeit der Sitzposition näher beleuchten:

Der Partner des Hochzeiters klingt sich mit As ein und spielt As nach. Ein KONTRA-Spieler hält:
Blatt 1: 10 D D D B B B As As K 9 K
Blatt 2: 10 D D D D B B B As K K 9

1) Der Hochzeiter sitzt an Position 2

Hier ist eine Erstansage mit einem Blatt, welches die Grundvoraussetzungen für eine Erstansage erfüllt, ausreichend, sofern einer der beiden KONTRA-Spieler das As stechen kann (Blatt 1). Beide RE-Spieler haben keine Ansage getätigt und die eigene Partei sticht zusätzlich noch ein As ab. Direkt hinter dem Hochzeiter sitzend sollte ohne As gewartet werden. Dies fragt zunächst danach, ob der Partner As stechen kann. Nachdem der Spieler dann allerdings selbst As sticht gewinnt die Anfrage eine andere Bedeutung. Der Spieler hat nun durch die Anfrage ein einladendes Blatt für eine Erstansage gezeigt. Der Partner sollte mit As und keinem sehr schwachen Blatt nun KONTRA ansagen. Genauso sollte mit diesem Blatt ohne -Stechen durch Warten die Anfrage gestellt werden. Der Partner antwortet bei Chicane mit KONTRA. Ohne das Stechen darf man allerdings nur mit einem starken Blatt (beispielsweise Blatt 1 mit Austausch der 3 gegen 3 ) eine Ansage treffen, da die RE-Partei nunmehr 2 Stiche liegen hat und noch das dritte As spielen kann. Mit Blatt 2 hingegen ist an Position 3 auch ohne Anfrage eine eigene KONTRA-Ansage gerechtfertigt. Merke: Das Verzichten auf eine Anfrage deklariert besondere Stärke! Ebenso folgt mit Blatt 2 an Position 4 ein KONTRA, auch ohne dass der Partner eine Anfrage gestellt hat.

2) Der Hochzeiter sitzt an Position 3:

Hier hängt die benötigte Stärke für eine Erstansage entscheidend von der Sitzposition desjenigen Spielers ab, der das starke Blatt hält. Betrachten wir hierzu nochmals die beiden Beispielblätter: Mit dem Blatt 1, vor dem Hochzeiter sitzend, reicht die Stärke dieses Blattes für die Erstansage nicht aus, da keine Information über die Stärke des Blattes des Hochzeiters und damit auch über die Stärke des Blattes des eigenen Partners vorliegt. Es sollte daher hier wiederum eine Anfrage gestellt werden. Sticht der Partner auch , so sagt er KONTRA, wobei der Spieler allerdings trotzdem selbst stechen sollte, da er keinen sinnvollen Abwurf und As hält. Antwortet der Partner nicht, so wird das As ohne Ansage gestochen. Der Partner wird dann KONTRA sagen, wenn er ein mittelprächtiges Blatt besitzt und der Hochzeiter keine Ansage trifft. Der Vorteil dieser Anfrage ist, dass der Spieler a) erfährt, ob der Partner auch sticht und b) nicht ins offene Messer laufen kann. Der Hochzeiter weiß zwar nach dem Abstechen auch von der Einladung, er hat aber das Problem, dass er noch nicht abschätzen kann, ob der Partner des einladenden Spielers eine Erstansage trifft. Die gleiche Anfrage kann der Spieler 2 auch stellen, wenn er einen kleinen bedienen muss. Es gelten die gleichen Überlegungen wie bei der vorherigen Sitzposition des Hochzeiters. Hinter dem Hochzeiter sitzend kann der Spieler mit dem angegebenen Blatt 1 genauso wie bei der vorherigen Sitzposition eine Erstansage treffen. Mit einem kleinen muss er allerdings auf die Anfrage verzichten und sollte dann auch keine freiwillige Erstansage treffen. Mit dem Blatt 2 sollte der Spieler an Position 2 zunächst wieder eine Anfrage stellen, dann allerdings selbst KONTRA ansagen. Allerdings ist nicht klar, ob das Spiel wirklich gewonnen werden kann: Die RE-Partei hat circa 45-50 Augen nach den ersten beiden Stichen liegen und sollte der Hochzeiter noch zusätzlich die andere 10 halten wird das Spielausgang sehr knapp, gegebenenfalls fängt man sich noch ein RE ein. Dies zeigt, dass mit einem minimal schwächeren Blatt (Austausch von K gegen K oder D gegen D) eine Ansage vor dem Hochzeiter nicht gerecht-fertigt ist. Hier ist die Entscheidung dem Partner zu überlassen. Hinter dem Hochzeiter sitzend erfolgt selbstverständlich die Ansage auch mit dem etwas abgeschwächten Blatt freiwillig.

3) Der Hochzeiter sitzt an Position 4

Hier ist die Situation für die KONTRA-Partei am schwierigsten, da keine Möglichkeit besteht herauszufinden, ob der Hochzeiter ein Blatt für eine eigene Erstansage hält. Jede Ansage ist also mit einem erhöhten Risiko verbunden. Es gelten daher dieselben Prinzipien wie bei dem Fall 2), wo der Spieler mit dem starken Blatt vor dem Hochzeiter sitzt. Diesmal allerdings für beide Partner. Gegebenenfalls sollte eine Ansage des Hochzeiters, der bei Lauf des Asses auch mit einem relativ schwachen Blatt aufgrund der schon vorhandenen Augenzahl RE ansagen wird, abgewartet werden. Konkret bedeutet dies für Blatt 1: Keine Erstansage an Position 3, während an Position 2 die übliche Abfrage mit der "Doppelbedeutung" gestellt wird. und für Blatt 2: Gleiche Überlegungen wie bei der Sitzposition 2 direkt vor dem Hochzeiter.

Einklinken mit As oder 10 und Nachspiel eines kleinen Trumpf:

Beide Konstellationen (besonders Einklinken mit 10) kommen der KONTRA-Partei entgegen, da zum einen die RE-Partei weniger Fehlstiche erzielt hat, bzw. durch spezielle Anfragen die KONTRA-Parteien Informationen über die Verteilungen der 10(en) erhalten kann. Ein Warten des ersten KONTRA-Spielers, der zu diesem Stich eine Karte zugeben muss, stellt immer eine Anfrage an den Partner dar, ob er eine 10 besitzt. Er zeigt damit nicht unbedingt eine eigene 10 an. Der Partner sollte im Besitz einer 10 sofort KONTRA ansagen, im anderen Fall nur (allerdings nicht sofort), wenn er noch wichtige Zusatzwerte besitzt. Die Anfrage nach einer 10 zeigt zumindest eine einladende Hand. Die Stärke des eigenen Blattes für eine solche Anfrage kann aufgrund der obigen Argumentation natürlich geringer sein als bei der vergleichbaren Sitzposition bei Beispiel 1.


Einige Beispiele in Abhängigkeit von der Sitzposition des Hochzeiters:

(1) Hochzeiter sitzt an Position 3 (Einklinken mit As):


Die Anfrage ist forcierend. Der Spieler 2 besitzt ein starkes Blatt, z.B.: 10 D D D D B B As 9 As 10 9 Prinzipiell könnte er auch selbst seine 10 legen, doch erscheint es sinnvoller dem Hochzeiter noch einen hohen Trumpf herauszuholen. Der Spieler legt also bei Antwort As, ansonsten 10, da er selbst As besitzt. Das Legen der eigenen 10 trotz Antwort zeigt vereinbarungsgemäß ein sehr starkes Blatt und stellt eine Einladung zu einer weiteren Ansage dar (Beispielsweise Blatt 1 mit Austausch von 9 gegen D oder D). Mit dem Legen der Dulle bei negativer Antwort lädt er den Partner gleichzeitig zu einer Erstansage ein. Dieser sollte mit dem folgenden Blatt KONTRA ansagen, wenn der Hochzeiter schweigt: D D B B B 10 K 10 As 9 As As Das Doppel-As inklusive dem Singleton 10, bei einer mittleren Trumpfzahl mit D sind ausreichende Zusatzwerte.

Erfolgte das Einklinken mit der 10, so erhält die Anfrage nach dem Legen der eigenen 10 wiederum den gleichen Charakter (Einladung an den Partner), während ein Legen der 10 ohne Warten in diesem Fall mit Ansage Stärke und ohne Ansage Schwäche bedeutet. An Position 4 sagt der Spieler mit diesem Blatt bei Einklinken mit 10 sofort auf den angespielten Trumpf KONTRA (zeigt Stärke und die 10). Beim Einklinken mit dem As zeigt das Legen der 10 mit einer freiwilligen eigenen Ansage ein starkes Blatt mit Doppel-10 (sonst hätte er gewartet) und ohne Ansage ein schwaches Blatt (i.d.R. mit Anspielas(sen)). An Position 4 sitzend erfolgt eine sofortige Ansage auf den angespielte Trumpf nur mit Doppel-10. Der Partner kann durch die recht genau gezeigte Stärke seines Partners entsprechend der Stärke seines eigenen Blattes hinter dem Hochzeiter balancieren.

Blatt 1: D D D D B B B B As K 10 As
Mit diesem Blatt ist an Position 2 ebenfalls eine Anfrage nach einer 10 beim Partner gerechtfertigt. Das Beispiel sollte nur dazu dienen, um zu zeigen, dass der Besitz einer eigenen 10 nicht unbedingt Voraussetzung für diese Anfrage sein muss. Bei Einklinken mit 10 kann das Blatt sogar noch erheblich schwächer sein (Austausch von D gegen K).


(2) Der Hochzeiter sitzt an Position 4:


Hier gelten prinzipiell die gleichen Überlegungen wie bei der vorherigen Sitzposition. Spieler 2 sollte allerdings bei dieser Anfrage ein etwas stärkeres Blatt im Vergleich zu dem vorherigen Beispiel besitzen, da die Möglichkeit des Eliminierens eines hohen Trumpfes des Hochzeiters nicht besteht und bei den einladenden Varianten noch nicht weiß, ob der Hochzeiter selbst eine Ansage treffen will. Die Einladung bei Verneinen der Antwort durch Legen der eigenen 10 sollte der Spieler 3 allerdings hier nur annehmen, wenn er mindestens ein schwarzes As plus As besitzt. Der einladende Spieler muss hier selbst keine Anspielasse besitzen, da sein Partner ja direkt hinter ihm sitzt.


(3) Der Hochzeiter sitzt an Position 2:

Hier ist Vorsicht angebracht. Das Nachspiel eines Trumpfes des Partners des Hochzeiters ist häufig ein Stärkesignal. Er zeigt damit ein trumpfkurzes Blatt mit Doppel-10 (nach Einklinken mit 10) oder die Unspielbarkeit einer der Restfarben und Chicane bzw. Doppelas in der anderen Farbe (nach Einklinken mit einem As). Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass er selbst keine Erstansage trifft und keine starke (Anspiel-)Konvention gewählt hat. Diese Informationen sind bei der Anfrage zu berücksichtigen, allerdings ist es i.d.R. ein gutes Zeichen, dass der Hochzeiter im Besitz der gleichen Information keine Erstansage getroffen hat.

Mit den beiden ausführlichen Beispielen haben wir versucht zu zeigen, dass bei einer Hochzeit noch einige weitere, spezifische Probleme bei der Überlegungen Erstansage ja oder nein angestellt werden müssen. Wir haben aus Gründen der Klarheit der Darstellung auf die genaue Spielsituation (wer hat welche Karte zum Klärungsstich gelegt etc.) verzichtet. Natürlich spielen diese Informationen ebenfalls eine Rolle. Hier sollte man sich bei der Entscheidung an die Prinzipien der Gegenansage bei Normalspielen (Kap. 2.3.1) erinnern. Dies gilt natürlich auch bei der Beurteilung einer Gegenansage (i.d.R. gegen weitere Ansagen). Es ist jeweils der genaue Informationsstand des Spieles in Verbindung mit dem eigenen Blatt zu prüfen und zu überlegen, ob die ansagende Partei mit dem Spielverlauf rechnen musste oder ob er völlig unerwartet ist. Auf Beispiele zu diesem Themenkomplex kann an dieser Stelle verzichtet werden, da eine ausführliche Darstellung schon bei den Normalspielen erfolgte und die verwendeten Hilfsmittel (beispielsweise Anfragen) die gleiche Bedeutung wie bei den dortigen Beispielen für geklärte Partnerschaften haben.

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